Krankenpflege durch die Krankenschwestern 13.8.2010
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Wird heute jemand krank, sucht er einfach seinen Hausarzt oder einen Facharzt auf.
Das war früher nicht so. Man holte einen Arzt nur in schwerwiegenden Notfällen. Ärzte waren teuer, eine Krankenversicherung oft nicht vorhanden und lange Zeit, von 1903 bis 1985, gab es in Unlingen keinen Arzt.
Was tat man also im Krankheitsfalle? Man half sich, so gut es eben ging, selbst oder schickte jemand zu der „Krankenschwester“.
„Sie hat Vaters Finger gerettet!“
Der bös entzündete Finger wollte nicht heilen. Die Ursache war eine anfangs kleine Wunde, die sich beim Kunstdüngerstreuen entzündete und eiterte. Zum Arzt nach Riedlingen wollte man nicht gehen, denn der hätte den Finger womöglich gleich wegnehmen lassen, wie bei zwei anderen Personen im Dorf. Schwester Maceda kümmerte sich dann über viele Tage hinweg um die Entzündung. Ihren einfachen, aber wirksamen Methoden war es zu verdanken, dass die Wunde nach und nach heilte. Finger gerettet und dabei noch in zweiter Hinsicht glimpflich davon gekommen: Es war keine Krankenversicherung vorhanden. So hätte man die viel teurere ärztliche Behandlung aus eigener Tasche bezahlen müssen.
Wundbehandlung mit einfachen Mitteln
Zu Schwester Vigilantia wurde ein junges Mädchen mit einer tiefen Wunde am Unterarm gebracht. Beim Spielen war es in eine Glasscherbe gefallen und zog sich dabei eine Schnittverletzung zu. Die Wunde wurde nicht genäht, nur ein fester Verband wurde angelegt. Regelmäßig wurde der Verband gewechselt und der Arm in einem Kernseifenbad eine Viertel Stunde lang gebadet. Mit Erfolg, keine Entzündung, nur eine lange dünne Narbe blieb zurück.
Entzündete Verletzungen an den Füßen und Beinen waren recht häufig. Die Behandlungsmethoden waren ähnlich. Mit Jod desinfizieren und mit Kernseife Waschungen machen, half in vielen Fällen.
Ausrüstung
Eine (undatierte) Inventarauflistung (aus den Anfangszeiten der Krankenpflegestation) lässt die Minimalausstattung erahnen:
1 Krankensessel, 2 Bettschüsseln, 9 Uringläser, 4 Trigatoren, 4 Leibflaschen, 9 Spuckbecher, 1 Heizkissen, 1 Hirsespreukissen, 1 Eisbeutel, 1 Krankentasse, 1 Rekordspritze, 1 Brechschale, 1 Waschlavoir, verschiedene kleine Instrumente, Tropfen, Salben, Puder, Verbandswatte, Verbandsmull, Binden.
Mit den einfachsten Mitteln mussten die Krankenschwestern zurecht kommen. So hat Schwester Vigilantia in ihrer Küche selbst Ringelessalbe und Kamillensalbe hergestellt. Verbandsmaterial wurde mehrmals verwendet. Nach dem Gebrauch wusch sie die Binden gründlich, dann wurden diese glattgebügelt. Oft durften die älteren Kindergartenschüler die Binden zusammenrollen.
Behandlungszimmer
Wer bei einer Verletzung schnell eine Erste-Hilfe-Versorgung brauchte, eilte ins Klostergebäude zur Krankenschwester. Dort wurde er in der Küche oder im Gang versorgt. Im Gang stand auch der Holzschrank mit der bescheidenen medizinischen Ausrüstung.
Entlohnung
Unbezahlbar wertvoll nennen alle ehemaligen Patienten die Arbeit der Krankenschwestern. Selbstverständlich verlangten sie vom Kranken keine Entlohnung, auch wenn sie über längere Zeit regelmäßig ins Haus kamen. Neben einem Vergelt`s Gott bekamen sie was aus dem Garten oder der Speisekammer mit. Am Backtag auch einen Zelta oder ein Platzbrot.
Eine immer willkommene Gabe waren Blumen. Schwester Maceda nahm sie gerne an, denn sie war auch für den Blumenschmuck in der Kirche zuständig.
Vom Caritasverein bekam die Schwesternstation ein monatliches Haushaltungsgeld. Vor 1966 war dies ein bescheidener Beitrag von 30 DM pro Schwester. Hinzu kam ein kleines Weihnachtsgeld. Mit dem Umzug ins neue Schwesternhaus wurde das Haushaltungsgeld auf 70 DM erhöht.
Für die Besorgung der Kirchenwäsche bekamen die Schwestern von der Kirchenpflege ein kleines Entgelt. Die 7 Werke der Barmherzigkeit; u.a. Kranke besuchen
Besuchsdienste
Morgens nach dem täglichen Gottesdienst begann Schwester Maceda ihren Besuchsdienst bei den Kranken. Da sie kein Fahrrad besaß, machte sie alle Versorgungsgänge zu Fuß. In ihrer schwarzen Tasche mit Kordelverschluss trug sie ihre wenigen Utensilien, die sie benötigte, mit sich.
Anhang:
Statistik
Die Zusammenstellungen über die Arbeit der Krankenschwestern aus Reute und Obermarchtal zeigen nur den zahlenmäßigen Arbeitsumfang. Doch allein die statistische Aufsummierung des Arbeitseinsatzes der Krankenschwestern lässt schon deutlich werden, wie viel Segen von der Schwesternstation ausging. Ihre Arbeit jedoch war mehr als nur Bedürftige pflegen. Sie hörten geduldig zu, hatten ein offenes Ohr auch für die Familienangehörigen und boten Anteilnahme.
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